Unterschriftensammlung zur Abschaltung deutscher Kernkraftwerke

Unter dieser Internetadresse findet ihr eine Petition bezüglich der Abschaltung deutscher Kernkraftwerke:
https://www.ausgestrahlt.de/aktionen/atomaufsicht
Es ist nur eine kleine Unterschrift und tut auch nicht weh. Wenn ihr uns und euch selbst also helfen wollt, wäre dies ein kleiner Schritt in Richtung Besserung.

Dienstag, 15. März 2011

Kann die Energieversorgung unter Verzicht auf Atomkraftwerke gewährleistet werden?

Einfache Frage - einfache Antwort!
Die Antwort ist zumindest für Deutschland leicht zu geben: ja, die deutschen Atomkraftwerke könnten abgeschaltet werden, ohne daß uns die Licher ausgehen müßten.
Deutschland produziert wesentlich mehr Strom, als es selbst verbraucht.

Doch nun die Betrachtung en Detail.
Die Betrachtung müßte eigentlich, da es um Kernkraftwerke geht, auf den Bereich der Elektroenergiebereitstellung beschränkt werden.
Beim Ausschluß anderer Bereiche der Energieversorgung würden aber wesentliche Zusammenhänge aus dem Blick geraten, weshalb sie hier dennoch mit untersucht werden sollen.

1) Energiebedarf
Zunächst eine Auflistung der von der Menschheit im wesentlichen benötigten Energieformen
  • die Wärmeenergie (Wärme für Industrieprozesse, Heizung, Waschwasser)
  • die Energie zur Gewährleistung der Mobilität (private Transporte, gewerbliche Transporte)
  • die hochveredelte Elektroenergie für unterschiedlichste Ansprüche (Stromversorgungen, Steuerungen, Informationsverarbeitung, Nachrichtentechnik, Unterhaltungselektronik, Maschinen etc).

Der Großteil wird für Wärmeprozesse benötigt. Ein ungefähr eben so großer Teil wird für die Mobilität veranschlagt und den kleinsten Teil stellt der Elektroenergiebedarf dar.
Die genauen Werte und Verhältnisse variieren von Land zu Land. Interessenten werden bei Internet-Recherchen schnell fündig werden.


2) Elektroenergiebereitstellung
Die Elektroenergie wird in Deutschland gegenwärtig im sogenannten Energiemix bereitgestellt.
Dieser Energiemix umfaßt
a) Elektroenergiebereitstellung durch Verbrennung fossiler Brennstoffe in

  • Kohlekraftwerken
  • Gaskraftwerken
Die zur Verfügung stehenden Brennstoffe sind einerseits endlich, wobei bereits heute ist ihr Ende absehbar ist, und belasten andererseits erheblich die Umwelt mit dem vermuteten Klimakiller Kohledioxid (vgl. eine Tonne Kohle erzeugt bei der Verbrennung eine Tonne Kohlendioxid)

b) Elektroenergiebereitstellung durch Kernspaltungradioaktiver Stoffe in

  • Atomkraftwerken (verschiedene Techologien, aber allesamt auf Kernspaltung beruhend)
Die zur Verfügung stehenden radioaktiven Materialien sind einerseits endlich, wobei bereits heute ihr Ende erkennbar ist, und verseuchen im Störfall andererseits die Umwelt radioaktiv. Dadurch bleibt das betroffene Areal für mehrere Jahrhunderte infolge der Halbwertzeiten der radioaktiven Spaltprodukte unbewohnbar, weil die radioaktive Strahlung bei allen Lebewesen Schädigungen am Erbmaterial und damit gehäuft Mißbildungen und Siechtum hervorruft.

c) Elektroenergiebereitstellung aus nachwachsenden Rohstoffen

  • Biogaskraftwerke auf Basis von Biogasanlagen - benötigen Grünschnitt und vergären diesen in einem biologischen Prozeß zu einem erdgasähnlichen Produkt. Der biologische Prozeß muß sorgfältig überwacht und gesteuert werden - er fußt auf der Produktion von Mikroorganismen, die bestimmte Bedingungen für ihren Stoffwechsel (also Temperatur, Druck und Qualität der Biomasse) erwarten.
  • Brennstoffzelle auf Basis der Biowasserstoffsynthese (Tetzlaffsches Verfahren) - benötigen beliebige organische (kohlenstoffhaltige) Stoffe, die in einem sogenannten Synthesegasverfahren bei ca. 800 °C unter Zugabe von Wasserdampf in Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt werden. Die Qualität der verwendeten Ausgangsstoffe hat so gut wie keinen Einfluß auf die Ausbeute - sie werden lediglich fein pulverisiert verglüht. Das ist ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens.
Beide Verfahren sind grundlastfähig, das heißt, ihr Energieeintrag ist stetig und berechenbar.

d) Elektroenergiebereitstellung aus natürlichen quasistetigen Quellen

  • Windräder - stellen Elektroenergie aus Wind bereit ("Windstrom")
  • Photovoltaikanlagen - stellen Elektroenergie aus Sonne bereit ("Sonnenstrom")
  • Gezeitenkraftwerke - stellen Elektroenergie aus dem Ebbe-Flut-Rhythmus der Weltmeere bereit
  • Geothermiekraftwerke - stellen Elektroenergie aus der Erdwärme in tiefen Erdschichten bereit
  • Wasserkraftwerke - stellen Elektroenergie aus Pumpspeicherbecken bzw. natürlich aufgestauten Flußläufen bereit
Die ersten drei Quellen sind auf Grund ihres unsteten Charakters nicht vorherbestimmbar und damit nicht grundlastfähig.
Die beiden letzten Quellen sind grundlastfähig.


3) Bewertung des Elektroenergiebedarfs
Bedeutend ist die Grundaussage, daß in Deutschland seit Jahrzehnten wesentlich mehr Elektroenergie erzeugt als im Inland verbraucht wird. Der Überschuß wird exportiert.
Es wird also in Deutschland längst nicht so viel Elektroenergie benötigt, wie erzeugt wird. Hier liegt ein erhebliches Vermeidungspotential.

Durch gezielte Maßnahmen der Elektroenergieeinsparung kann außerdem der Elektroenergiebedarf weiter verringert werden
In der Industrie sind beispielsweise folgende Reserven weitestgehend unangetastet

  • energiesparende Antriebe, auch mit Rückeinspeisung von Bremsenergie
  • Optimierung energieintensiver Verfahren
  • Ablösung energieintensiver Maschinen durch energiesparende

Im Haushalt sind folgende Reserven weitestgehend unangetastet

  • Ablösung energieintensiver Haushaltsgeräte durch energiesparende
  • Ablösung der Glühlampen durch Energiesparlampen
  • Vermeiden energieintensiver Standby-Stromversorgungen (beispielweise wird in Deutschland ein ganzes Kraftwerk mit 1 Gigawatt "nur" für die Standby-Funktion alleine der Haushalte benötigt)
  • Benutzung von gestaffelten Energiepreisen in Abhängigkeit von der Tagszeit. Das kann extreme Belastungen der Energieversorgung lindern, setzt aber intelligente Stromzähler im Haushalt voraus (in den USA schon Standard)

Ein erhebliches Einsparpotential besteht in Industrie und Haushalt, indem Wärmeerzeugungsprozesse mit der Erzeugung von Elektroenergie verknüpft werden - die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung. Dabei wird mittels primären Verbrennungsmotors ein Elektrogenerator angetrieben, der Strom in das öffentliche Netz einspeisen kann. Die Abwärme dieses Verbrennungsmotors (ca. 50% seiner aufgenommenen Energie) wird dann in einem sekundären Kreislauf als Wärmeenergie für Industrieprozesse, Heizung bzw. Warmwasser zur Verfügung gestellt.


4) Bedeutungswandel bei den Energieträgern und Zukunftsvision
Der größte Nachteil der Elektroenergie besteht in ihrer extrem schlechten respektive verlustbehafteten Speicherfähigkeit.
Speicherung von Elektroenergie ist eine zunehmende Forderung, die im wesentlichen aus der unsteten Verfügbarkeit der natürlichen Energiequellen Wind und Sonne resultiert. Überschüsse sollen gespeichert und zu Zeiten erhöhten Bedarfs ins Stromnetz gespeist werden.
Die einzig bekannte ökonomische Speichervariante für Elektroenergie besteht im Hochpumpen einer bestimmten Wassermenge in ein Vorratsbecken (Pumpspeicherwerk). Geologisch bedingt ist die Anzahl dieser Pumpspeicherwerke erheblich begrenzt, weshalb sie praktisch keinen wesentlichen Anteil an der Stromerzeugung Deutschlands haben und haben werden.

Dieser gravierende Nachteil provozierte Forschungen, die sich mit der Ablösung der offenbar speicherunwilligen Elektroenergie in der Energieverteilung beschäftigt haben.
Die Forschungsergebnisse verdichten sich dahingehend, als zentralen Energieträger künftig Wasserstoff zu verwenden.
Zum einen hat Wasserstoff von allen Elementen die höchste Energiedichte.
Oder anders ausgedrückt, um die gleichen Energiemengen wie die eines sattsam bekannten 380KV-Hochspannungsnetzes mit Wasserstoff zu transportieren, benötigte man lediglich eine Rohrleitung von ca. 10-20 cm Dicke.
Zum anderen läßt sich Wasserstoff in die am häufigsten benötigten anderen Energieformen umwandeln:

  • in Elektroenergie mit der Brennstoffzelle (ohne Kohlendioxidausstoß)
  • in Wärmeenergie durch Verbrennen (es entsteht nur Wasser, keine Kohlenoxide)
  • in Bewegungsenergie durch Verbrennungsmotore oder Elektromotore (es entsteht nur Wasser, keine Kohlenoxide).
Wasserstoff könnte übrigens ohne größere Umstellungen in bestehenden Erdgasleitungen transportiert werden.
Die meisten Verbrennungsmotore unserer Kraftfahrzeuge könnten durch geringfügige Anpassung auch mit Wasserstoff betrieben werden
Der wesentliche Vorteil eines zentralen Energieträgers Wasserstoff kommt aber nur

  • durch Schaffung eines globalen zentralen Verteilnetzes
  • durch Schaffung einer Vielzahl von Biowasserstofferzeugern und
  • durch dezentrale Elektroenergie- und Wärmeerzeugung aus Wasserstoff erst beim Verbraucher
zustande.

Des weiteren konnte Tetzlaff in Hochrechungen nachweisen, daß für die Energieversorgung Deutschlands im eigenen Lande ausreichend Biomasse zur Verfügung steht, die im übrigen nicht in Konkurrenz zur Nahrungserzeugung stehen muß, weil wie oben schon erwähnt auch sämtliche biologischen Abfälle für die Biowasserstoffsynthese genutzt werden können. Die beim thermischen Prozeß zahlreich anfallenden Salze in der Asche bilden übrigens einen hervorragenden, geruchsneutralen Landwirtschaftsdünger, der fürderhin das lästige Ausfahren von Gülle überflüssig werden läßt.

Erst jetzt wird klar, warum alleine die Betrachtung der Elektroenergieversorgung keine perspektivischen Lösungen für die Energieversorgung bringen kann.
Der ganze Vorteil der Biowasserstoff-Technologie kommt erst in einer kompletten Biowasserstoff-Wirtschaft des ganzen Landes zum Tragen.
Sämtliche Energieprozesse des Landes werden aus Wasserstoff gespeist.
Der benötigte Wasserstoff wird zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen respektive biologischen Abfällen erzeugt.
Typische Nachteile von zentralen Netzen wie Instabilitäten bei starken Lastschwankungen mit anschließenden Massenabschaltung bzw. einem Kollabieren der Elektroenergieversorgung (Domino-Effekt) werden durch die dezentrale Struktur der Biowasserstoffwirtschaft (also die vielen kleinen Biowasserstoffanlagen) weitestgehend vermieden.
Das globale Wasserstoffnetz hat lediglich eine Verteilfunktion, und nicht wie in der Elektroenergiewirtschaft eine Koppelfunktion.
Das globale Wasserstoffnetz kann auch an beliebigen Punkten zeitweise aufgetrennt werden, um Störungen zügig und ohne größere Ausfälle beheben zu können.
Das globale Wasserstoffnetz gestattet selbstverständlich auch die Aufnahme von Wasserstoff, der aus Wind-, Sonnenstrom und den anderen natürlichen quasistetigen Quellen mittels einfacher Elektrolyse gewonnen werden kann.

Es liegt an uns, diese gewaltige, aber zukunftsträchtige Aufgabe zu beginnen und zu schultern.
Wir können uns aus der Abhängigkeit der endlichen fossilen Brennstoffe und der Kernenergie befreien, aber es muß begonnen werden.
Halbherzige Schritte wie die Reduzierung von Einspeisevergütungen der erneuerbaren Energiequellen oder die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken sind dabei kontraproduktiv.
Eine Energieversorgung wird in einigen Jahrzehnten ohne die Auslaufmodelle Kohle bzw. Atomkraft auskommen!
Theoretisch haben wir für diese Aufgabe nur noch soviel Zeit, wie uns durch die begrenzt vorhandenen fossilen Brennstoffe usw. vorgegeben ist.
Wer will die Garantie dafür abgeben, wie lange diese Reserven wirklich reichen werden und wann die Tür zuschlägt?
Werden wir den vor uns liegenden Prozeß bis dahin bewältigt haben, oder werden wir in Höhlen zurückkehren müssen, weil uns die fossilen Energiereserven ausgegangen sind?
Als Politiker oder Entscheider in der Energieversorgung würde ich nicht zögern wollen und das Neue endlich beginnen, damit wir eine Chance der Erhaltung unserer Zivilisation und unserer Kulturen bekommen.


Diesen anschaulichen und ausführlichen Bericht verdanken wir dem lieben Kurt (Autor des Eintrags). Vielen Dank hierfür!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen